Düdeln. Und vieles ist sehr einfach, man muss es nur tun.

Seminar rum. Langsam düdelt sich so alles ein.

Düdeln, schönes Wort eigentlich, von meiner sehr guten Freundin Anna seit neuestem verwendet, kann mit jeglichem Präfix versehen werden und ist daher enormst praktisch. Verdüdeln, eindüdeln, ausdüdeln, vor sich hin düdeln, aufdüdeln, rausdüdeln. Kann auch alles bedeuten, der Restsatz oder der Kontext sorgen dann für den entsprechenden Sinn. So, kleiner Sprachexkurs Ende. 

Es düdelt sich also alles ein, will meinen: all die Dinge, die man bzw. ich immer wieder von neuem regeln muss, wenn man umzieht oder ins Ausland geht, werden so langsam erledigt. Gym habe ich eine sehr coole um die Ecke meiner Wohnung gefunden, Klientel primär ausländisch aussehende Typen (hallo Minenfeld, der politisch korrekten Ausdrucksweise), die einfach hart pumpen, dann noch ein paar sehr dünne Französinnen auf Laufbändern oder Crosstrainern und lustigerweise die im Zweiergespann auftretenden Mittfünfziger Männer, von denen man vermuten würde, dass sie sich lediglich auf diktatorische Anweisung von Kardiologe und Ehefrau hin ob evidentem Waschbärbauch, zu hoher Cholesterinwerte und mangelnder Bewegung auf ihren Strampelrädchen abquälen. Aber für mich ist es perfekt, Laufband, Gewichte, eine Matte für Pilates, gut ist. Und sogar bezahlbar.

Meine Mobilnummer habe ich ja behalten, da musste man sich schonmal um nichts kümmern, wo ich schöne und nicht abartig überteuerte Blumen finde, habe ich auch ausgetüftelt (oder ausgedüdelt), meine Versorgung mit Sprudelwasser (im Moment bevorzugt S. Pellegrino oder Badoit) wird aus dem Carrefour schräg gegenüber gedeckt. Postamt habe ich in der Nähe der Uni gefunden und so lange ich meine Students ID, mit der ich dann auch drucken kann, noch nicht hatte, war auch ein Copy Shop notwendig. Ich drösele das hier mit dieser Akribie auf, weil ich es in den letzten Jahren immer als wahrscheinlich gefühlt wesentlich aufwendiger empfunden habe als meine Kommilitonen vielleicht, mir bei entsprechenden Umzügen an neue Orte (Zürich, Indien, München, London, Berlin, wieder München) immer wieder eine, ich nenne sie "Infrastruktur" zu schaffen. All so oben erwähnter Düdelkram eben. Den man braucht und bei dem man die perfekte Triade aus Komfort (einfache Erreichbarkeit, unkomplizierte Terminvereinbarung) Preis und Qualität antrifft. Und da, man lese und staune, in Frankreich oder zumindest hier das Internet sich doch noch nicht als Medium aller Informationsverfügbarkeit durchgesetzt zu haben scheint, Research zu den Themen "Wo finde ich xy im 5e/11e Arrondissement?" eher selten zum Erfolg führt, findet man vieles auch einfach dadurch, dass man durch die Straßen läuft und entdeckt, ach krass, wenn ich xy mal brauche, finde ich das hier. Jüngstes Erfolgserlebnis auf jeden Fall noch gestern (und jetzt bitte alle Männer mal zum nächsten Paragraph springen, weil Frauenthema) das Finden eines Kosmetikstudios, was auch Sugaring anbietet. Bis ich mir mit Google Translate also zusammengedüdelt hatte, dass das Treatment, was ich suchte «epilation cire au sucre du maillot integral avec le sillon interefessier» heißt, hätte ich auch Französisch studieren können, aber mei. Dort angekommen und mir, Fuchs der ich bin, mit dem in der Terminbestätigungsemail versteckten Türcode Zutritt zu dem Spa verschafft, war ich doch recht positiv überrascht angesichts vorgefundener Herzlichkeit, Ambiente und Hygiene. Dem ersten Studio, was ich in München hatte, hätte ich gut und gerne das Gesundheitsamt oder gleich den Kammerjäger auf den Hals gehetzt, daher war man auf's schlimmste vorbereitet. Pointe und eigentlich einziger Grund meiner Beschreibung in extenso ist das gewonnene Insiderwissen, dass Französinnen im Gegensatz zu mir (oder der deutschen Frau) scheinbar echte Pienschen (oder in anderen Mundarten Luschen, Heulsusen) seien. Da werde dann angeblich ge-autscht und ge-aht und "ach, ich brauche eine Pause" - bei so was bin ich ja zur Gänze schmerzfrei. Im Gegenteil, ich bin eigentlich Vertreter der Überzeugung, wenn es nicht wehtut, ist es nicht effektiv. Bei allen möglichen Dingen im Leben.

Gewonnene Erkenntnisse oder Eindrücke, Teil II: Paris ist schön. Ich weiß, klingt erst mal revolutionär diese Aussage. Nein, Quatsch, es ist Allgemeinwissen, für das ich allerdings bislang keinen persönlich gefühlten Beleg hatte. Im Klartext, man muss durch kleine Gässchen gehen und mal an den weißen Hausfassaden mit ihren Schörkelgeländern nach oben schauen, man muss sich dem Charme der Eck-Cafés, -Bistrots mit ihren roten Markisen und ihren Kellnern mit weißem Hemd und Fliege öffnen, man muss (so man endlich gecheckt hat wie man die Dachluke öffnet) zu den, ich mag sie immer "magischen Zeiten" nennen, mal in den Himmel blicken, das Licht ist hier oft ganz eigen und besonders. Klingt alles hart kitschig, wenn ich meinen Worten im Kopf beim Tippen lausche, aber es ist tatsächlich so, dass wenn man es nicht erlebt man es nicht weiß. Und Urlaub oder Wochenendtrip zählt nicht direkt, denn da findet man meistens eigentlich alles cool und spannend und aufregend, weil kurzzeitig anders und abwechslungsreich von Zuhause. Wenn man aber die Schönheit im Alltag findet, dann ist sie echt. Sagt das prosaische in mir.

 

Boar, dat wird hier wieder so ein Roman, bei dem mindestens die Hälfte der armen Seelen, die sich interessieren wollen würden, schon schwer am Schnaufen ist. Aber ich will doch noch ein, zwei Worte zum Seminar verlieren, schließlich ist Studium Hauptgrund meiner Anwesenheit hier und so, ne. Wir haben zu Beginn jedes Semesters meines Studiengangs, Master in Management (MiM) ein Seminar. Diese Woche Montag bis Mittwoch trugen sich also mit dem Seminar 'Scientific Research Methods' oder "Wie schreibe ich eine Master Thesis?". Zielgruppe war und ist meines Erachtens vor allem die französische und italienische Kommilitonenschaft, die aufgrund eines vom deutschen Bildungssystem (vereinfacht: Abitur, 3 Jahre Bachelor, 1-2 Jahre Master) divergierenden Ablaufs (Baccalauréat, 2 Jahre Classe préparatoire, 1 Jahr Pré-Master, Master) bislang keine wissenschaftliche Arbeit von mehr als 10 Seiten verfasst hat und jetzt dezent in die Röhre guckt, wenn sie kurz mal 60-100 Seiten MT rauskloppen soll. Kann ich irgendwo verstehen, betrifft mich aber nur indirekt. Für mich war das Seminar insofern super, als dass es wirklich wie ein Kick-off auf mich gewirkt hat, am Anfang dessen ich Montag morgens den 200-seitigen Katalog aller zur Verfügung stehenden Themen, Betreuer an allen Standorten zwar grob gelesen und auch so meine Favoriten schon rausgesucht hatte, aber von irgendeiner Definität noch weit entfernt war. Jetzt ist die Masterarbeit für mich a) etwas, das ich eigentlich gerne lieber früher als später beenden würde und nicht bis zur letzten Deadline im Mai 2016 - das wird fürchte ich dann doch wieder so kommen, aber man kann ja mal ambitioniert targeten. Und b) ist sie eine Entscheidung, die in Bezug auf Thema und Betreuer zwar eine wichtige und folgenreiche ist (Abschlussnote und so), aber eben nicht so wie, sagen wir mal, ein Tattoo auf der Stirn oder eine Schwangerschaft mit konsequentiell logischem Kind. Beides hat man dann nämlich (auf absehbare Zeit) und zwar sichtbar und sollte man doch lieber 2x drüber nachgedacht haben. Ich mir also selbst kurz die Pistole auf die Brust gesetzt und aus dem Bauchgefühl heraus einer deutschen Professorin, die ich am Londoner Campus in einem Kurs zu Strategy und Organizational Behavior hatte und amazing fand geschrieben, ob sie noch Vakanzen bei einem ihrer drei für mich in Frage kommenden Themen habe und hier bin ich - Betreuerin: check und zwei Themen, von denen es eins werden wird: check. Ich habe die Hoffnung, dass ich mich für das richtige entscheide - meine Tendenz zieht mich zu einem, bei dem es grob um "The development of personal networks across the career life cycle" geht und nicht zu (wäre nach der Bachelorarbeit wieder ein Gender Thema) "No female partners in spite of women’s’ breakfasts" - und dass alles mit Betreuung, Timeline, etc. so läuft wie ich mir es vorstelle. Und ich möchte mich zu der Aussage hinreißen lassen: vieles ist sehr einfach (oder einfach angestoßen), man muss es nur tun.

Bisous, Nina.

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