Was mein Leben reicher macht

Es gab mal eine Rubrik in der ZEIT, ich bin mir gar nicht sicher, ob es die noch gibt, da ich sie einige Male schmerzlich vermisst habe. Jedenfalls ging es darum, dass Leser Beiträge einsenden können, variabler Länge - von einem Wort bis einige Zeilen war oft alles dabei - mit Dingen, Menschen oder Momenten, die ihr Leben gefühlt reicher machen. Bereichern. Nun hat bestimmt jeder solche Dinge, Menschen oder Momente, nicht jeder nimmt sie aber immer als solche wahr, noch weniger wertschätzen sie vermutlich und die allerwenigsten werden sie an die ZEIT schicken. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob die Beiträge in der ZEIT ausschließlich von Menschen kamen oder kommen, die eben dies alles wahrnehmen und/oder wertschätzen oder ob sie einfach als besonders achtsam und dankbar erscheinen wollen. Anyway.

Wahrscheinlich denke ich mal wieder viel zu schwarz über die Menschen. Gerade in dieser Woche muss ich gestehen, denke ich sehr schwarz über die Menschen. In einer Woche, in der die Nachrichten im Vergleich zu denen der letzten Wochen aus einem mir nicht erklärlichen Grund irgendwie enger, irgendwie bedrückender, vor allem aber immer unmenschlicher geworden sind. Vielleicht ist es auch nur mein Empfinden, ich, die um die Weihnachtszeit mehr als zu anderen Zeiten im Jahr der Meinung ist, dass Liebe, Zwischenmenschlichkeit und Wärme ihren Platz unter uns und ihre Bedeutung für uns so sehr nicht verlieren dürfen. Ich, die nicht verstehen kann, welche Menschen andere Menschen grundlos hinterrücks Treppen runtertreten. Welche Menschen andere Menschen in einem seit Jahren von Bürgerkrieg heimgesuchten Land in erbärmlichen Zuständen einkesseln und die eh schon in Schutt liegenden Ruinen auch noch zerbomben. Welche Menschen andere Menschen beim Joggen oder woanders vergewaltigen und ermorden, völlig unabhängig davon, ob diese Täter in unserem Land geboren sind oder nicht. Welche Menschen immer die einfachsten, kürzesten und meist eindeutig in eine bestimmte politische Richtung gehenden Antworten auf die drängendsten Probleme, die vor uns liegen, zu haben scheinen - die in Wirklichkeit aber keine Antworten sind. Ich könnte weitermachen mit zwei Szenarien, mit denen keiner von uns gerechnet hat und bei denen wir alle Köpfe schüttelnd davor stehen, beide überraschenderweise in der angelsächsischen politischen  Landschaft angesiedelt. Ich kann es aber auch lassen. Das ist hier weder ein Politik-Blog noch eine Martenstein'sche Gesellschaftskritik und außerdem arbeiten sich genug andere daran ab, dass das vermutlich historisch haltbarste Zitat des 45. US-amerikanischen Präsidenten "Grab 'em by the pussy" sein wird. Es bedarf also nicht noch meines Senfes zu diesem Thema, mal abgesehen davon, dass ich mal wieder abgeschwiffen oder "ausgestriffen" (habe ich gerade aus aus-reiten und herum-streifen = aus-streifen = ausgestriffen gemacht) bin. Bevor ich da also thematisch einmal den Kreisel genommen habe, war ich an der Ausfahrt "Was mein Leben reicher macht" und das ist wie man es erwarten wird - im Gegensatz zu meinem gesamten Prolog hier - ausschließlich schönes. Also. Was macht mein Leben reicher?

- In der U-Bahn neben mir lernt ein Junge, vielleicht 6. Klasse, Latein-Vokabeln. Ich lunse in sein Buch und überprüfe mich selbst: ich kann noch fast alle.

- Ich sitzend mit blanken Beinen auf den Fliesen in meinem Bad. Mit angeschalteter Fußbodenheizung auf 35°C. Mhhhh.

- Lieder, die ich so schön finde, dass ich sie tot nudele. Das hier z.B., allerdings nur wegen der Musik und des Covers, nicht wegen des Textes.

- Schneeweiße Amaryllis. Vor kurzem für mich entdeckt und wer mich kennt, weiß, dass ich eigentlich einen sehr picky und eingegrenzten Blumengeschmack habe.

- Christmas Blend Espresso. Endlich mal wieder ein Shot für meinen sonst Standard-igen Venti Cappuccino, der die €0,20.- Aufpreis bei Starbucks wert ist. 

- Letzen Samstagabend bei der Lesung von Michael Nast aus vollem Herzen lachen. Im ersten Drittel meines Jahres habe ich mir exakt dieses Lachen wieder sehnlichst gewünscht.

- Du. Im Moment sehr. Wie Du mich anziehst, wenn Du mich ansiehst.

- Das Gefühl ein Weihnachtsgeschenk besorgt zu haben, das unverbesserbar zu dem/der beabsichtigt zu beschenkenden passt und vor allem, das Freude machen wird.

- Der Gedanke, dieses Jahr ausgewählte Weihnachtskarten wieder handschriftlich zu verfassen und zu versenden.

- Das Bild vor meinem geistigen Auge, wie wir Audrey (dem Familienhund) zu Weihnachten wieder irgendein eigentlich schundhaftes, aber soooo goldiges Kostüm zumuten. Engelsflügel, roter Norweger-Pulli, Elchgeweih. Alles schon gehabt.

- Mein neuer Lippenstift von Bobbi Brown, danke Fabruculus. Hätte ich mir nie selbst gekauft, kann aber was!

- Das übrig gebliebene und erkannte Wissen, dass ich seit Sommer ein sehr geiles Produkt in einer sehr coolen Firma manage..

 

Achso. Und dass ich ab morgen (Freitag) 2 Wochen Urlaub habe. Und hoffentlich ganz viel Zeit für mich und zum Schreiben und zum Sport machen und zum Entspannen. Und natürlich dafür, einen ähnlich inspirativen Neujahrs-Post vorzubereiten wie letztes Jahr ;)

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Kommentare: 1
  • #1

    Pia (Donnerstag, 15 Dezember 2016 23:20)

    Ich schreibe auch jedes Jahr Weihnachtskarten! Gibt nichts Schöneres als die Freude der Empfänger in einer sonst komplett digitalisierten Welt...