Zwei Wochen ist mein letzter Eintrag her, zwei Wochen, die mir viel länger vorkommen als so manche zwei Monate, die ich mal nichts geschrieben habe. Zu sagen, es gehe mir besser, wäre der Euphemismus davon, dass ich in eine Phase hinüber gleite, in der ich nicht mehr jeden Tag heule. Heartbreak sucks. Aber nachdem die Welt sich weiter dreht und - auch wenn man es manchmal weder glauben kann noch möchte - das Leben weiter geht, im Folgenden ein kleiner Statusbericht.
Ich werde auf mich selbst gestoßen. Man verstehe mich nicht falsch, ich habe mich immer schon viel mit mir selbst beschäftigt und konnte meistens auch gut alleine sein, aber jetzt ist es mal wieder so weit und wahrscheinlich ist das sogar gerade ganz angebracht. Ich denke viel nach, vor allem über die Frage, in welche Richtung ich mein Leben verlaufen sehen möchte. In die, in die es im Moment läuft, jedenfalls nicht. Ich bin nicht zufrieden und das wurmt mich.
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Vor kurzem saß ich bei meinem Chef im Büro, primär um zu besprechen, an welchen Projekten ich gerade arbeite. "Was nervt Dich? Dich nervt doch irgendwas." Ich rutsche unentschlossen auf der Stuhlkante herum. Mein Chef kennt mich gut, wir verstehen uns, er ist von der Sorte Mensch, der ich mich trotz der stets professionellen Distanz in Bezug auf manche Themen anvertrauen kann und möchte. "Es hat nichts mit meinem Job zutun, da ist echt alles gut. Es ist was Privates." Er nickt. "Es ist.." Mir versagt die Stimme und mir steigen mal wieder die Tränen in die Augen. "Ich kann das Dir jetzt nicht im Detail erzählen, weil ich sonst schon wieder weinen muss. Aber Du kannst Dir vorstellen, worum es in den meisten Fällen geht, wenn Frauen heulen." Er nickt wieder.
Was ich erzähle, um die grobe Gesamtsituation zu skizzieren ist zu wenig, um zu sagen, ich hätte mein Herz ausgeschüttet. Was er mir rät und aus seiner Erfahrung berichtet, ist zu wenig, als dass ich daraus den ultimativen Ratschlag für meine Situation entnehmen könnte - den es im Übrigen eh nicht gibt. Und doch geht es mir hinterher besser. Er sagt, dass er möchte, dass es uns gut geht und zwar in allen Lebensbereichen, weil wir nur dann gut arbeiten können. Ich solle selbst entscheiden, wie viel ich schaffe, wie viel Ablenkung ich möchte und wann ich einfach mal nicht mehr kann oder einen Tag frei brauche. Ich könne mit so was immer zu ihm kommen und das ist einfach ein gutes Gefühl.
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Ich versuche viel spazieren zu gehen, wenn ich es schaffe. Mit den Füßen durch rot-orangefarbene Blätterberge und wie poliert glänzende Kastanien auf dem Weg an die Isar. Dort sehe ich so viele Menschen, alle geeint im Wunsch, die letzten verschwenderischen Sonnenstrahlen des Jahres mitzunehmen. Ich beobachte sie, wie sie mit ihren Hunden spazieren gehen, mit ihren Partnern im Gras auf einer Decke liegen, den eigenen Kopf auf der Brust des anderen. Wie sie mit ihren Kindern vorne am Wasser stehen und zusammen kleine Steine oder Äste ins Wasser werfen. Wie sie an mir vorbei joggen, federnder Schritte und geröteter Wangen. Dazwischen ich, ohne Hund, Partner oder Kind und ohne klares Ziel - oder vielleicht gerade mit dem Ziel zu lernen, dass ich alleine auch komplett bin..
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Ich versuche viel mit meinen Freunden zu telefonieren, gerade die, die ich länger nicht gesprochen habe, die mir aber eigentlich unheimlich nahe stehen. Diese Gespräche helfen mir, mich zu erinnern, dass es auch im Leben anderer so manche Baustellen gibt, dass auch andere nicht immer zufrieden sind, mit der Ausrichtung, die ihr Leben hat - vor allem erinnern sie mich aber daran, dass ich unheimlich und bedingungslos geliebt werde. Gerade essentiell in Phasen, in denen man sich vielleicht selbst nicht gut ausstehen kann oder in denen einem klar wird, dass es Menschen gibt, deren bedingungslose, unheimliche Liebe man nie bekommen wird - nicht mal, wenn man sich auf den Kopf stellt.
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Relativ abstrakt stelle ich mir also wie oben beschrieben die Frage, wo ich mit meinem Leben hinwill. Es sind teilweise unbequeme Fragen, die ich weder erwartet habe oder mir gewünscht hätte, aber die mein Unterbewusstsein nun erbarmungslos an die Oberfläche zerrt und auf die mein Bewusstsein nun Antworten zu finden gezwungen ist. Was möchte ich in den nächsten Jahren erreichen - im Job? Wo möchte ich in den nächsten Jahren ankommen - privat? Muss ich tatsächlich erst mal lernen, mich selbst zu lieben und mir "genug" zu sein? Welche Signale sende ich eigentlich unterbewusst aus und wen ziehe ich damit an? Was möchte ich erleben in den nächsten Jahren? Was muss ich für meine Gesundheit tun, was in den letzten Jahren erheblich gelitten hat? Ist München vielleicht doch nicht die "letzte Station", möchte ich noch mal ins Ausland - oder laufe ich damit weg?
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Konkret habe ich nun endlich meinen Urlaub für Mitte bis Ende November gebucht, mache mir nun endlich Termine bei den ganzen Ärzten, die ich bisher in München noch nicht hatte (Hausarzt, Gynäkologe & Co), "saniere" meine Finanzen und verbringe viel Zeit mit meinen Eltern.
Und ja, ganz typischerweise weine ich immer noch jeden 2. Tag und widerstehe dem Drang, ihm zu schreiben und spüre einen Kloß im Hals, wenn ich Ecken sehe, an denen wir gemeinsam waren. Ich balanciere also auf diesem haarfeinen, hauchdünnen Grat zwischen meiner idiotischen Sehnsucht, er möge mich anrufen und mir sagen, er wolle mich zurück und liebe mich und meinem diametral entgegen gesetzten, wahrscheinlich selbstfürsorglichen Wunsch, einfach nur in Ruhe gelassen zu werden. Mir wird letzteres vergönnt sein, Gefühle hören nicht einfach von heute auf morgen auf und wie meine beste Freundin Anna sagte bringt es jetzt auch nichts, "trotz all der offenen Joghurts, die ich in meinem Rucksack schon mit mir rumtrage" den "Sand in den Kopf zu stecken"..

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