„Ich bin mit Hunden und Pferden aufgewachsen.“ Wenn mich Menschen heute fragen, ob ich schon mal einen Hund hatte, weil ich jetzt einen Hund habe und mir einen Welpen „zutraue“, würde ich reflexartig genau das gerne sagen. Wenig verkörpert für mich so sehr eine ungestörte und naturverbundene, Ruhe ausstrahlende Kindheit wie dieser Gedanke. Genau genommen sind Hunde und Pferde aber erst in mein Leben gekommen, als ich schon etwa 10 Jahre alt war. Die zweite Hälfte von „aufgewachsen“ mag also stimmen. Jetzt habe ich wieder einen Hund, wieder einen Mops, und damit ist einer meiner großen Wünsche für dieses Jahr schon erfüllt, eins meiner Ziele für dieses Jahr schon erreicht: Ihr Name ist Willow, sie ist geboren am 28. Januar 2020, sie kennt kein Leben vor Corona. Sie bereichert uns, bringt uns jeden Tag zum Lachen und raubt uns manchmal den letzten Nerv.
Wenn ich jetzt, mehr oder weniger permanent, von diesem kleinen Wesen umgeben bin, bewege ich mich meistens zwischen Entzückung (wie etwas so goldig sein kann und darüber, dass sie nun zu uns gehört) und Genervtheit (wann und warum das kleine Wanst eine weitere Fußleiste angenagt hat). Dazwischen aber gibt mir unser Mops den ein oder anderen neuen Impuls, den man sich weder selbst noch der Partner einem geben kann – dafür aber jedes in einer Familie neue Lebewesen, das von einem abhängig ist.
Verantwortung
Ich hatte in meinem Leben schon für einen Hund und mehrere Pferde Verantwortung, es war meine Aufgabe, dass es den Tieren gut ging. Eigenartigerweise habe ich mir selten Sorgen um die Tiere gemacht, möglicherweise weil mein Hund erwachsen war, als ich ihn bekam und man sich bei robusten, großen Lebewesen wie Pferden nur schwer vorstellen kann, dass ihnen überhaupt irgendetwas was anhaben könnte. Vielleicht auch, weil ich zu dieser Zeit selbst noch ein Kind, eine Jugendliche, war, die immer noch Eltern hat, die im Zweifel für einen in die Bresche springen, die einen von der Verantwortung entbinden, die Entscheidungen für einen treffen.
Heute bin ich erwachsen, ich habe den Hund bezahlt, ich bin ihr Besitzer und ich bin vollverantwortlich dafür, dass es ihr gut geht, dass sie sich nicht verletzt, dass sie spürt, geliebt zu werden. Wenn es ihr nicht gut geht, wenn sie erbricht oder irgend etwas vom Boden frisst, wenn sie sich ein Füßchen einklemmt oder irgendwo runterfällt, weil sie die Höhe noch nicht einschätzen kann, geht es mir nicht gut. Meistens passiert ja nichts, das sollte man sich in den Momenten immer zur Beruhigung vor Augen führen. Dennoch: Man macht sich plötzlich Sorgen um ein kleines Wesen, ein Baby (wenn auch kein menschliches), für das man Verantwortung trägt.
Geduld und Konsequenz
Eine meiner mich am meisten störenden Eigenschaften an mir ist meine Ungeduld, ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch. Ich will alles am liebsten sofort, wenn Menschen trödeln oder langsam gehen oder nach meiner Einschätzung wertvolle Zeit mit Tätigkeiten oder Menschen verplempern, ärgert mich das.
Nun übe ich mich in Geduld, denn ein Hund wird nicht von heute auf morgen stubenrein, nur weil man es ihm sagt. Man geht auch am Anfang nicht mit einem Welpen vor die Tür, auf den Grünstreifen und sofort ist alles erledigt. Am Anfang dauert es 30, 60 Minuten, in denen der Kleinen draußen nicht einfällt, dass sie dringend muss. Sobald man in der warmen, geschützten Wohnung ist, merkt sie es sofort – dann ist es meistens schon zu spät. Mittlerweile bekommen wir es schon deutlich besser hin; dass ein Hund wirklich stubenrein ist, dauert aber eben ein paar Monate.
Das gleiche gilt für Kommandos oder andere Verhaltensweisen, bei Fuß zu gehen zum Beispiel. Man muss sich einfach gedulden und verstehen, dass es sich um einen Lernprozess handelt, den man vor allem durch Wiederholung und Konsequenz beschleunigt. Ich würde mich schon als konsequenten Menschen einschätzen, komme aber zu der Erkenntnis, dass sich Konsequenz und Süßheit des Welpen umgekehrt proportional zueinander verhalten. Je süßer das Hundebaby, desto schwerer ist es, konsequent zu bleiben. Analysiert von jemandem, der mal gesagt hat „der Hund kommt nicht aufs Sofa und nicht ins Bett“ - der den Hund mittlerweile je 3-4 Mal auf dem Sofa oder im Bett hatte. Ich gelobe Besserung.
Ein Hund ist ein Test
Ein Hund ist, wenn man noch keine Kinder hat oder sich nicht sicher ist, welche bekommen zu wollen, neben dem vielen, was ein Hund in erster Linie sein sollte (Kamerad, Freund, Aufmunterer), ein Test. Ein Hund ist ein Test dafür, wie viele Kompromisse man bereit ist einzugehen, genauer gesagt, auf welche Dinge man bereit ist, zu verzichten, was man willens ist zu opfern. Das fängt bei vermeintlich trivialen Dingen wie dem Nachtschlaf an, zieht sich weiter über das Geld, das man für den Hund und nicht für andere Dinge ausgibt und endet darin, ob und wohin man in Urlaub fährt oder generell wie lange man den Hund tagsüber oder abends alleine zuhause lassen kann. Ein guter Indikator für tendenziell egoistischere Menschen ist es, wenn man nach 2 Wochen 1x nachts für 10 Minuten aufstehen, keinen Bock mehr hat, wenn man es als einigermaßen nervig empfindet, in den ersten Wochen permanent (!) hinter dem kleinen Wurm her zu rennen und es nur schafft, zu duschen, wenn der Partner da ist. Ohne den Vergleich zu haben, habe ich die Berechnung angestellt, ein Hund ist etwa 60-70% der Opfer, die man für ein Baby bringen muss – dieses ganze Ding mit der Schwangerschaft offensichtlich nicht mit eingerechnet.
Partnerschaft – einer dagegen?
Im Kern habe ich gemerkt, dass beide hinter der Idee stehen müssen, auch wenn einer als treibende Kraft reicht. Ein „Du machst doch eh was Du willst“ ist kein Beleg ausreichenden Commitments, er gipfelt vielmehr eventuell Jahre später in einem „Du musstest die Scheiß-Töle unbedingt haben, jetzt haben wir Problem xy!“
Wenn einer der beiden partout keinen Hund will oder noch drastischer keine Hunde mag oder allergisch ist, muss der andere das akzeptieren – da gibt es leider wenig dran zu rütteln (wenn man sich ansonsten sicher ist, dass der Partner der richtige ist natürlich). Wenn allerdings Raum für Abstimmung und Kompromisse ist und ich nachvollziehbar darlegen kann, was für mich eigentlich, emotional und psychisch, hinter „ich will einen Hund“ steht, kann man das ausdiskutieren. In diesem Fall bewahrheitet sich meist „Dad didn’t want a dog“.
Warum ein Mops?
Die Rasse, zu der man sich entscheidet oder ein Mischling, falls man aus dem Tierheim oder Ausland „adoptiert“ (adopt, don’t shop), sollte zu den Lebensumständen passen und aus meiner Sicht auch zum Charakter des Halters. Natürlich kann man einen Labrador auch in einer Stadtwohnung halten und einen Pitbull, wenn man ein Kleinkind hat. Man kann vieles, manches ist sinnvoller als anderes.
Für mich kam, wahrscheinlich weil ich selbst nicht besonders groß bin und weil wir nun eben in einer Stadtwohnung leben (und es vermutlich auch die nächsten Jahre werden), die meiste Zeit der Überlegungen nur ein kleiner Hund in Frage. Neben einem Mops, dessen Aussehen und Charakter mich seit meinem ersten Hund, einem Mops, natürlich, begeistern, hätte ich mich auch für eine Französische Bulldogge (der Rasse, die meine Mutter seit 15 Jahren ca. hat) oder einen Kurzhaardackel (die finde ich einfach auch brutal süß) erwärmen können. Hätte mein Partner nur einen großen Hund gewollt, wäre auch ein Weimaraner eine Option gewesen, sehr schöne Tiere, aber natürlich eigentlich zu groß für mich. Folgende beide Zitate fassen abschließend die Vorliebe für einen Mops besser zusammen als ich es je könnte:
"Möpse sind mit Hunden nicht zu vergleichen.
Sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen."
- Loriot
„Der Mops ist kein normaler Hund, das sieht man auf den ersten Blick:
Er ist eine Mischung aus andalusischem Kampfstier, Marzipanschwein und Weißwurst.
Er passt zu psychisch stabilen Menschen, die sich nicht daran stören, dass ihr bester Freund schnarcht, grunzt, haart und mit völligem Selbstverständnis immer den besten Platz auf dem Sofa für sich beansprucht,
charakterstarken Menschen, die keinen Designerhund als Ablenkung von der eigenen Unzulänglichkeit benötigen.
Der Mops ist kein Modehund, er ist ein Klassiker. Kaum eine Hunderasse ist so häufig in der Kunst festgehalten worden, wie der Mops. Der Mops ist kein Hund - er ist eine Lebenseinstellung.”
- Katharina von der Leyen

Kommentar schreiben